Schwarze Löcher neu berechnet
Dank Einsteins Theorie lassen sich mit einem Pulsar Phänomene schwarzer Löcher noch präziser entschlüsseln
Über Sagittarius A*(SgrA*), das Schwarze Loch im Zentrum unseres Sonnensystems, wissen wir einiges. Es ist ein extrem massenreiches Schwarzes Loch, das sich mit einer sher hohen Geschwindigkeit um sich selbst dreht. Diese Informationen erhält man durch die Effekte, die es auf seine umliegenden Sterne hat – eine Erkenntnis für die Reinhard Genzel und Andrea Ghez im Jahr 2020 sogar mit dem Nobelpreis gewürdigt wurden. Ein Team der Universitäten Bremen und Bielefeld geht nun einen Schritt weiter und konnte den mathematischen Nachweis erbringen, dass mithilfe eines Pulsars die Rotation eines Schwarzen Lochs noch viel exakter berechnet werden könnte als es bisher der Fall war.
Eva Hackmann und Bilel Ben-Salem vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen haben sich der Idee gewidmet, einen Pulsar als Messgerät für ein Schwarzes Loch zu verwenden. Ein Pulsar ist ein Neutronenstern und zählt damit zu den kompaktesten Objekten nach einem schwarzen Loch: er hat circa die Masse unserer Sonne allerdings komprimiert auf einen Radius von nur etwa 20 Kilometern. Eine weitere Besonderheit: er sendet Radiowellen mit einer sehr regelmäßigen Strahlungsfrequenz aus und dreht sich dabei – im Prinzip ähnlich wie ein Leuchtturm, der einen wiederkehrenden Lichtkegel ausstrahlt. Allerdings rotiert der Pulsar bis zu schwindelerregende 700 Mal pro Sekunde. Diese präzise kosmische Uhr zur näheren Bestimmung eines schwarzen Lochs zu nutzen, ist die Grundlage der wissenschaftlichen Veröffentlichung der beiden Wissenschaftler:innen, die am 16. August 2022 in den “Monthly Notices of the Royal Astronomical Society” (MNRAS) erschien.
Masse, Winkel, Rotationsgeschwindigkeit
Würden wir einen Pulsar auf einer engen Umlaufbahn um das supermassive Schwarze Loch SgrA* im Zentrum unserer Milchstraße entdecken, ließen sich Effekte der starken Gravitation des Schwarzen Lochs auf die Strahlen des Pulsars beobachten und damit seine Merkmale Masse, Rotationsgeschwindigkeit und -winkel genau definieren. Dazu gehören unter anderen Effekte wie die Lichtablenkung und das „Frame Dragging“. Der Effekt des „Frame Dragging“ bewirkt, dass die Raumzeit von der Drehung des Schwarzen Lochs mitgerissen und dadurch die Orientierung der Drehachse errechenbar wird. Das Team konnte nachweisen, dass dieser Effekt bei bisherigen Berechnungen überschätzt wurde und bietet nun – basierend auf der Einstein-Theorie – eine viel genauere Möglichkeit zur Messung der Merkmale eines Schwarzen Lochs.
In ihrer Arbeit führten die Autor:innen ihre Berechnungen auf der Grundlage von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie durch und verglichen ihre Ergebnisse mit den Schlussfolgerungen zweier anderer bekannter Arbeiten, die auf der Grundlage der Post-Newtonschen Näherung abgeleitet wurden. Letztere basiert auf der Grundlage der Newtonschen Gravitationstheorie und ihrer Erweiterung durch Korrekturen aus der Allgemeinen Relativitätstheorie. Eva Hackmann und Bilel Ben-Salem gelangten zu dem Schluss, dass ihre Methode präziser und zuverlässiger ist, insbesondere im Bereich starker Gravitation in der Nähe eines supermassiven Schwarzen Lochs, wo der Post-Newtonsche Ansatz ungenau wird.
Die Veröffentlichung erscheint zum Abschluss des Graduiertenkollegs „Models of Gravity“. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen und den Universitäten Oldenburg, Bielefeld, Hannover, der Jacobs Universität und dem Niels-Bohr Institut in Kopenhagen.
Link zur Publikation: https://academic.oup.com/mnras/article/516/2/1768/6673442
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