Neue Methode zur Rekonstruktion von Satellitendaten
Forschende vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben eine Methode entwickelt, um fehlerhafte Beschleunigungsdaten eines Satelliten der GRACE Follow-On Mission wiederherzustellen. Der Ausfall des Beschleunigungssensors in einem der beiden Satelliten gefährdete das Ziel der Mission der hochexakten Vermessung des Schwerefeldes der Erde. Das Team kombinierte verschiedene Ansätze zur Datenrekonstruktion, wodurch ihnen die Verbesserung der Genauigkeit von simulierten Beschleunigungsdaten für den fehlerhaften Satelliten gelang.
Die im Mai 2018 gestartete GRACE Follow-On Mission setzt die wichtige Arbeit des Vorgängerprojektes GRACE fort. Hierbei fliegen zwei Satelliten in enger Formation zueinander um die Erde und messen kontinuierlich und hochpräzise ihren Abstand. Der sich verändernde Abstand zwischen den Satelliten lässt dann Rückschlüsse auf das Schwerefeld der Erde und ihre Unregelmäßigkeiten zu, was Aufschluss über Veränderungen von Eisschilden und Gletschern, unterirdischen Wasserspeichern, der Wassermenge in großen Seen und Flüssen sowie der Veränderungen des Meeresspiegels ermöglicht. Etwa einen Monat nach Missionsstart lieferte der Beschleunigungssensor des zweiten Satelliten plötzlich fehlerhafte Daten. Daher mussten alternative Methoden entwickelt werden, um die Daten für die Analyse des Erdschwerefeldes, dem eigentlichen Missionsziel, zu rekonstruieren.
Eine vielversprechende Lösung bestand darin, die Beschleunigungsdaten des ersten Satelliten auf den zweiten zu übertragen. Diese Methode des Transplantierens basiert auf der ähnlichen geometrischen Form und Flugbahn beider Satelliten. Genauer gesagt wurde versucht, die Beschleunigungsdaten des zweiten Satelliten mit Hilfe eines Simulationssystems namens XHPS (eXtended Hybrid simulation Platform for Space systems) zu rekonstruieren. Dieses vom ZARM und dem DLR entwickelte Programm ermöglicht präzise Berechnungen unter Berücksichtigung aller Umwelteinflüsse auf die Satellitengeometrie. Dieser Ansatz stieß jedoch an seine Grenzen, weil trotz gleicher Bauart, jeder Satellit minimal andere und damit einzigartige Eigenschaften hat.
Ein Vergleich zwischen simulierten und realen Daten zeigte dann leider auch, dass die Genauigkeit in Flugrichtung aufgrund der komplexen Zusammensetzung der Atmosphäre verbessert werden musste. Daher entwickelte das Forschungsteam einen Ansatz zur Verbesserung der Daten in Flugrichtung, bei dem eine atmosphärische Dichte abgeschätzt wird, die besser zu den wirklichen Bedingungen passt als die Werte aus Atmosphärenmodellen.
Die verbesserten Beschleunigungsdaten für den zweiten Satelliten ermöglichen nun eine genauere Bestimmung des Erdschwerefeldes und tragen damit zum Gelingen der GRACE FO Mission bei. Vergleiche mit Daten von Instituten wie der TU Graz und dem NASA Jet Propulsion Laboratory zeigten zudem eine hohe Übereinstimmung. Der minimalistische Transplantationsansatz des ZARM-Teams, kombiniert mit hochpräzisen Umweltsimulationen, eröffnet neue Möglichkeiten für die Raumfahrttechnologie und die Erforschung des Erdschwerefeldes.
Das ZARM-Team plant nun, Programme wie das XHPS weiterzuentwickeln und zur Unterstützung zukünftiger Satellitenmissionen bereitzustellen. Die Veröffentlichung "GRACE Follow-On accelerometer data recovery by high-precision environment modelling" beschreibt die erfolgreiche Arbeit im Rahmen des SFB 1464 TerraQ Projekts B02.
Publikation: https://doi.org/10.1016/j.asr.2024.03.068
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