25. February 2014

[Translate to deutsch:] Das Studierendenteam der Julius-Maximillians-Universität Würzburg bei der Vorbereitung des HORizon ACquisition Experiment (HORACE) im ZARM

Studentische Raketenprojekte im Bremer Fallturm

Vier Studierenden-Teams aus Belgien, Schottland, Schweden, Rumänien und vier aus Deutschland reisen vom 10. bis 14. Februar 2014 zum Bremer Fallturm. Zweck des Besuchs sind aber keine Fallturmexperimente sondern Vorbereitungen für einen Raketenstart. Seit Anfang 2013 arbeiten die Studierenden an ihren selbstentwickelten Experimenten, die sie bereits in Raketenmodule integriert haben. Im Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) werden nun jeweils vier Experimentmodule zu einer wissenschaftlichen Nutzlast zusammengebaut und technischen Tests unterzogen, die unter anderem prüfen, ob die Konstruktionen den hohen mechanischen Anforderungen eines Raketenstarts standhalten.

Für die Studierenden ist es eines der wichtigsten Lernziele des REXUS‐Programms (RaketenEXperimente für UniversitätsStudierende), ein vollständiges, 18 Monate dauerndes Raumfahrtprojekt in eigenständiger Teamarbeit durchzuführen. Die Teams müssen sich selbstständig organisieren, ihr eigenes Experiment entwerfen und zusammenbauen und einige technische Prüfstufen erfolgreich bestehen. Nach einer einführenden Trainingswoche am DLR‐Standort in Oberpfaffenhofen und mehreren Überprüfungen des Designs und des Einbaus (Preliminary Design Review, Critical Design Review, Integration Progress Review) wurden die Versuchsaufbauten Mitte Januar 2014 von den Ingenieuren des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) am Universitätsort der Studierenden kritisch begutachtet. Mit Bestehen dieses „Experiment Acceptance Review“ waren die Aufbauten für die Reise zur Integrationswoche nach Bremen zugelassen.

In der Integrationswoche im ZARM findet als erstes eine Inspektion jedes einzelnen Moduls statt, bei der nochmals überprüft wird, ob alles richtig zusammengebaut ist, die Kabel korrekt geführt sind, Stecker und Schrauben fest sitzen. Dieses geschieht unter anderem durch den gefürchteten Shaker‐Test, mit dem die Experimente dem Schwingungsprofil eines Raketenstarts ausgesetzt werden, um zu prüfen, ob ihre mechanische Stabilität diesen extremen Anforderungen auch standhält. Danach wird getestet, ob die jeweiligen Schnittstellen zum Raketenservicemodul einwandfrei funktionieren. Das Raketenservicemodul versorgt die Experimente mit Strom, sendet Signale zur Experimentsteuerung und empfängt die Experimentdaten, die während des späteren Raketenflugs per Direktübertragung in das Kontrollzentrum geleitet werden. Abschließend werden jeweils vier Module zur wissenschaftlichen Nutzlast einer REXUS-Rakete zusammengebaut, alle Experimente eingeschaltet und so betrieben, wie es beim späteren Flug vorgesehen ist. Nur so kann festgestellt werden, ob sie miteinander kompatibel sind und sich nicht gegenseitig, z. B. durch elektromagnetische Felder, in ihrer Funktion stören.

Folgende Teams werden zur Integrationswoche im Bremer Fallturm sein:

Experimente der REXUS 15 Rakete

  • StrathSat-R2 – Investigation into the use of two Cubesat-based deployable inflatable structures
    University of Strathclyde, Großbritannien
    Ziel des Experiments ist eine raumfahrtorientierte Technologieentwicklung. Während des Raketenfluges werden zwei Minisatelliten aus dem REXUS-Modul ausgesetzt. Diese enthalten verschiedene Strukturen, die in der Schwerelosigkeit durch Aufblasen entfaltet werden, wie z.B. ein Sonnensegel, und damit auf ihre Einsetzbarkeit für Raumfahrtmissionen getestet werden.
  • FOVs – Fibre-Optic Vibration Sensing Experiment
    Technische Universität München, Deutschland
    Im Experiment wird ein neu entwickelter faseroptischer Sensor zur Messung von Beschleunigungen während des Raketenflugs getestet. Insbesondere beim Einsatz mehrerer Sensoren in einem System liegen seine Vorteile gegenüber den bisher herkömmlich verwendeten elektrischen Sensoren vor allem in seiner geringeren Masse und Größe, der Möglichkeit, viele Sensoren als Kaskade mit nur einem Kabel zu verbinden, dem Nichtauftreten von elektromagnetischen Wechselwirkungen und dem Einsatz bei sehr hohen und tiefen Temperaturen.
  • MEDUSA – MEsurement of the D-region plasma USing Active falling plasma probes
    Universität Rostock, Deutschland
    Das Atmosphärenforschungs‐Experiment führt Messungen im Plasma der unteren Ionosphere durch mit dem Hintergrund, die Bildung von Strukturen besser zu verstehen, die in der Polarregion im Winter zu Radar-Echos in 55 bis 85 Kilometern Höhe führen. Aus der Rakete werden dazu auf einer Höhe von ca. 90 Kilometern zwei Sonden ausgeworfen, die während ihres Falls zur Erdoberfläche die Ionendichte messen. Die Sonden, die durch eigene kleine Fallschirme abgebremst werden, werden zur Auswertung der Daten geborgen.
  • ISAAC – Infrared Spectroscopy to Analyse the upper Atmosphere’s Composition
    KTH, Schweden
    In der Flugphase werden zwei Objekte aus der REXUS-Rakete ausgesetzt. Dabei soll das erste Objekt während des freien Falls das andere optisch erkennen und nachverfolgen. Eine zweite Nutzlast soll die CO2-Konzentration in der Atmosphäre messen.

Experimente der REXUS 16 Rakete

  • HORACE – HORizon ACquisition Experiment
    Julius-Maximillians-Universität Würzburg, Deutschland
    Mit dem Experiment wird ein neues Verfahren zur Lagebestimmung eines Flugkörpers demonstriert. Mit Hilfe eines eingebetteten Bildverarbeitungsalgorithmus sollen aus während des Flugs aufgenommenen Bildern einer normalen Kamera direkt die Erd-Horinzontlinie und der Erdmittelpunkt ermittelt werden. Dies könnte in einer zukünftigen Anwendung als Orientierung dienen, unkontrolliert trudelnde Nutzlasten, wie z.B. taumelnde Satelliten, auf ihrer Flugbahn autonom zu stabilisieren.
  • MOXA – Measurements of Ozone and oXygen in upper Atmosphere
    Technische Universität Dresden, Deutschland
    An Bord der Rakete soll ein neuentwickelter hochsensibler Sensor zur Messung der Konzentration und Verteilung von Ozon in der Erdatmosphäre getestet und für den Einsatz in der Raumfahrt qualifiziert werden. Mit zwei weiteren Sensoren werden gleichzeitig atomarer und molekularer Sauerstoff gemessen. Die präzise Bestimmung von Restgasen dient der Überprüfung vorhandener bzw. der Erstellung neuer Atmosphärenmodelle.
  • CWIS – Chemical Waves in Soret Effect
    University of Naples Federico II, Italien; University of Brussels, Belgien
    Ziel des Experiments ist die Visualisierung einer chemischen Welle, die durch den Soret Effekt produziert wird. Dieser Effekt entsteht, wenn sich die kleinen, leichten Moleküle und die großen, schweren Moleküle einer binären Flüssigkeit (Mischung aus zwei verschiedenen chemischen Komponenten) aufgrund einer starken Temperaturveränderung voneinander trennen. Auf der Erde wird dieser Effekt durch den wegen der Schwerkraft auftretenden Auftrieb überlagert und ist somit nicht sichtbar.
  • LOW-GRAVITY – Laser Output in microgravity
    Polytechnic University of Bucharest, Rumänien; University of Durham, Großbritannien
    Das Experiment untersucht das Verhalten von Materialien unter reduzierter Gravitation. Während des Raketenfluges werden im REXUS‐Modul Legierungen durch einen Laser geschmolzen, um sie anschließend unter den herrschenden Bedingungen erstarren zu lassen. Durch Analyse der Proben können Erkenntnisse über die Deformation der Oberflächen und den Erstarrungsprozess der Materialproben gewonnen werden.

Partner

Das REXUS/BEXUS Programm basiert auf einer Vereinbarung zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der schwedischen Weltraumbehörde (SNSB). Der schwedische Anteil ist durch Zusammenarbeit mit der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) auch für Studierende aller ESA-Mitglieds- und kooperierenden Staaten zugänglich.

Die deutschen Studierenden-Teams werden im Auftrag des DLR‐Raumfahrtmanagements in Bonn/dem Ministerium für Wirtschaft und Energie während der gesamten Projektlaufzeit von der ZARM Fallturmbetriebsgesellschaft in Bremen technisch und organisatorisch unterstützt. Dabei besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem schwedischen Raumfahrtunternehmen SSC und dem ESA Education Office, die die nicht-deutschen Teams in entsprechender Weise unterstützen. Die Studierenden arbeiten außerdem mit EuroLaunch zusammen, einer Kooperation von SSC Esrange und der Mobilen Raketenbasis MoRaBa des DLR in Oberpfaffenhofen. EuroLaunch führt die Starts der REXUS-Raketen vom Raumfahrtzentrum Esrange bei Kiruna in Schweden durch.

 

Hinweis für Presseanfragen: Am Mittwoch, den 12. Februar 2014, stehen die Teams für eventuelle Interviewanfragen zur Verfügung.

Ansprechpartner für inhaltliche Fragen:
Simon Mawn: 0421 218-57758; simon.mawn(at)zarm.uni-bremen.de

Ansprechpartnerin für allgemeine Presseanfragen:
Birgit Kinkeldey: 0421 218-57755, birgit.kinkeldey(at)zarm.uni-bremen.de

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